Die Verstärkung der Subversion gegen die DDR - ein wichtiges Element der Kriegsvorbereitung
Sabotage, Spionage, Diversion und Terror

In den meisten bisherigen Publikationen über die Zusammenhänge des 13. August 1961 wird die Gefahr des "Roll back" für die DDR, der Zusammenhang zwischen der militärischen Vorbereitung zur Veränderung des Status quo in Europa, Deutschland und Berlin und dem Kern des Kalten Krieges, der Subversion nur ungenügend beachtet. Gerade diese Wahrheit wird benötigt, um die Aggressivität des Imperialismus und die Härte des Klassenkampfes auch in dieser Zeit zu beweisen.

Die in der UZ (Nr. 29 vom 20. Juli) geschilderten Ziele des deutschen Imperialismus, durch eine Aggression die DDR zu beseitigen, bestimmten sehr wesentlich seine Vorgehensweise im Kalten Krieg gegen die sozialistischen Staaten und damit auch die Schärfe der gegen die DDR inszenierten Subversion. Bereits im Frühjahr 1961 "prognostizierte" der amerikanische Geheimdienst als nächsten Krisenherd Berlin, auf den Geheimdienste und Agentenzentralen hinsteuerten.

Wie die DDR untergraben wurde

Subversion ist wesentlicher Bestandteil der imperialistischen Strategie und Politik. Sie umfaßt alle Aktivitäten und Operationen, die durch spezielle Einrichtungen, Organisationen, Institutionen und Kräfte des Imperialismus inspiriert, organisiert, geduldet, gefördert und mit dem Ziel betrieben werden, konterrevolutionäre Prozesse und Entwicklungen zu fördern und auszulösen sowie vielseitige Kriegsvorbereitungen zu unterstützen, um so zu einer Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten imperialistischer Mächte beizutragen.

Im Zentrum aller subversiven Aktivitäten stehen die Untergrabung, Destabilisierung, Zerstörung und letztendlich Beseitigung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse in den sozialistischen Staaten.

Das trifft wohl auch den Kern solcher Tätigkeit. Subversive Tätigkeit gegen die DDR wurde in zunehmendem Maße eine wichtige Komponente der Kriegsvorbereitung. Die Zentren in Westberlin und in der BRD, namentlich die Geheimdienste der imperialistischen Mächte und andere Agentenzentralen entwickelten auffällige außerordentliche Aktivitäten.

Es ging um

Hauptlast sollte Bundeswehr tragen

Das waren Felder des Vorgehens gegen die DDR, die sowohl für die damalige Planung und Vorbereitung einer Aggression gegen die DDR mit den besonders darauf gerichteten Akzenten wirken sollten als auch für die spätere imperialistische Politik des Wandels durch Annäherung. Im Mittelpunkt standen immer die Geheimdienste als willfährige Werkzeuge imperialistischer Politiker.

In diesem Beitrag kann und soll natürlich nicht die ganze Breite ihrer Tätigkeit erläutert werden. Vielmehr sollen hauptsächlich jene Seiten der geheimdienstlichen Tätigkeit beleuchtet werden, die besonders augenfällig zu den damaligen Aggressionsvorbereitungen gegen die DDR gehörten.

Wenn einige spezifische Aspekte der subversiven Tätigkeit im Zusammenhang mit den Erscheinungen besonderer Aggressivität des deutschen Imperialismus beschrieben werden, wird nicht übersehen, dass die westdeutschen Politiker sich der Unterstützung von Geheimdienstkreisen der USA gewiss waren und von reaktionären Politikern der USA Beistand erhielten.

Andererseits wurde und wird immer wieder deutlich, dass die Westmächte ihre Präsenz in Westberlin aufrechterhalten wollten, aber nur bereit waren, den "großen Krieg" mit der Sowjetunion und dem Warschauer Pakt zu riskieren, wenn ihre Positionen in Westberlin angegriffen würden.

Die CIA sprach von einer Hinwendung auf verstärkte Instabilität Ostdeutschlands, plante "bestimmte Geheimaktionen" wie Boykott ostdeutscher Firmen, Störung des ostdeutschen Handels im Ausland, wirtschaftlicher Druck usw.

Scharfmacher der Bundesrepublik gingen weiter! Seinerzeit sprach F. J. Strauß am 1. 8. 1961 in den USA von der Notwendigkeit der Führung eines Bürgerkrieges, zu dem der Westen bereit sein müsse. Ferner davon, dass "die Hauptlast des Berlin-Konfliktes die Bundeswehr" der BRD zu tragen habe.

Die Geheimdienste

In der Zeit vor dem 13. August 1961 erhielt also folgerichtig die Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste, vor allem des Bundesnachrichtendienstes der BRD und der Central Intelligence Agency (CIA) der USA eindeutig eine immer stärker werdende Richtung der direkten Aggressionsvorbereitung. Das gesamte militärische Potenzial in der DDR, natürlich vordergründig die Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (die Westgruppe) stand im Mittelpunkt der Erkundung. Es interessierte einfach alles, so dass von den Geheimdiensten sehr unterschiedliche Kategorien von Spionen zum Einsatz kamen. So bestand immer das Ziel der Geheimdienste darin, sogenannte P-Quellen (Penetrierungsquellen) in Schlüsselpositionen zu schaffen, die möglichst bedeutende Informationen über die Landesverteidigung erarbeiten konnten. Darüber hinaus wurden eine Vielzahl von Spionen eingesetzt, deren Aufgabe darin bestand, Objekte der Landesverteidigung in der DDR regelmäßig zu beobachten.

Ein weiterer Schwerpunkt war die Erkundung der verschiedenartigen Waffensysteme, für deren Identifizierung durch die Spione umfangreiche "Erkennungstafeln" über alle bekannten Waffen und Geräte der sowjetischen Armee und der NVA der DDR eingeschleust wurden.

Diese nachrichtendienstlichen Hilfsmittel waren in Kleinformat gefertigt, sodass sie relativ leicht und unauffällig mitgeführt werden konnten und natürlich auch problemlos zu verstecken waren.

Hätte diese Art der Spionage, der Informationsgewinnung über die Einheiten und Objekte der befreundeten Armeen noch als Routine-Information zur Kontrolle eines "potenziellen Gegners" auf diesem Gebiet der DDR gewertet werden können, mussten andere nachrichtendienstliche Aktivitäten qualitativ höher bewertet werden. Die Militärspione der verschiedenen Dienste erhielten Aufträge zur Erkundung militärstrategisch bedeutsamer Erkenntnisse. Dieses Gebiet umfasst die Auskundschaftung des gesamten Verkehrsnetzes auf dem Gebiet der DDR. Das betraf den Charakter und die Beschaffenheit der Straßen und Autobahnstrecken, des Eisenbahnnetzes und der Wasserstraßen. Ein besonderer Schwerpunkt waren bedeutsame Verkehrsknotenpunkte, die für die militärische Logistik eine bedeutende Rolle spielen würden.

Unruhen und Aufstände organisieren

Von permanentem Interesse für die Geheimdienste waren auch alle Brücken, deren Größe, Beschaffenheit und Tragfähigkeit zu erkunden. Man musste kein Militärexperte sein um zu erkennen, dass solche Informationen sowohl dazu dienten Nachschubwege des "potenziellen Gegners" zu erkennen als auch für die eigene Logistik von Bundeswehr und NATO von Bedeutung waren.

Im Zusammenhang mit den Manövern der Bundesmarine im Ostseeraum war das Interesse des BND an exakten Erkenntnissen über die Situation in den DDR-Häfen zu sehen. Es interessierte z. B. "Kriegsfahrzeuge im Hafen, Wachboote (sowjetische, NVA See, Seegrenzpolizei), durchfahrende Kriegsfahrzeuge, Handelsschiffe, Lager der NVA See, Funkmeldegeräte, Kfz-Kolonnen bewaffneter Einheiten", besondere Maßnahmen in Häfen und Werften.

Ein weiterer Schwerpunkt geheimdienstlicher Tätigkeit gegen die DDR und zugleich ein überzeugender Beweis für den engen Zusammenhang zwischen militärischer und subversiver Vorbereitung einer Aggression, eben jenes in den Köpfen der bundesdeutschen Militärstrategen spukenden Szenarios eines "Kleinen Krieges" oder eines "begrenzten Krieges", war die ständige Orientierung auf die Erkundung der "inneren Lage" - so wurde es bezeichnet - in der DDR.

Standardaufträge waren die Sammlung von Informationen über die Stimmung der Bevölkerung, die Haltung von Teilen der Bevölkerung zu bestimmten politischen Ereignissen, zu Widersprüchen zwischen Bevölkerung und Partei und Regierung sowie zwischen der Bevölkerung einzelner sozialistischer Staaten. Dazu wurden Einschätzungen über die Wirkung der Sendungen westlicher Rundfunkstationen und möglicher anderer Einflüsse auf die Bevölkerung der DDR gefordert. Natürlich spielten Informationen über das Verhältnis der Bevölkerung zur NVA und besonders zur Sowjetarmee ebenfalls eine Rolle.

Der BND orientierte z. B. einen in Berlin ansässigen, mit einem kompletten Funkgerät ausgerüsteten Spion in einer schriftlichen Anweisung, einer sogenannten Berlin-Tafel, im Herbst 1960 auf die Sammlung von Informationen über die Staatsgrenze, über staatliche Stellen und militärische Einrichtungen. Ein besonderer Schwerpunkt war die Reaktion, das Verhalten der Bevölkerung. Gefragt waren Erkenntnisse über "Diskussionen, Demonstrationen, Streiks, Bildung oppositioneller Gruppen, Sabotage (im großen Stil und vereinzelt), Flugblätter, Gefangenenbefreiung, Unruhen, Bürgerkrieg" und an anderer Stelle der Weisung "Wandparolen, Aufstände".

Die Kriegsfallfunker

Wenn auch die Spionage, die gegenseitige Erkundung ökonomischer, politischer und militärischer Potenziale und Maßnahmen nicht geleugnet, wohl aber im heutigen Deutschland unterschiedlich bewertet und juristisch behandelt wird, so sind doch die folgenden Erkenntnisse und Erfahrungen einer besonderen Würdigung wert.

Sie machen schlagartig deutlich, dass die Tätigkeit der imperialistischen Geheimdienste eindeutig aggressive Ziele hatte bzw. die Geheimdienste direkt in die Aggressionsvorbereitung einbezogen waren.

Vor allem durch den BND inklusive dessen Vorläufer "Organisation Gehlen" und der CIA wurde im Gebiet der DDR ein Netz sogenannter Schweigefunker geschaffen, die einmal durch einen hochrangigen Überläufer des Gehlen-Geheimdienstes als E-Fall = Ernstfall = Kriegsfallfunker bezeichnet wurden. Solche als außerordentlich zuverlässig geltende Spione erhielten über "tote Briefkästen" meist aus Westberlin komplette Funkempfangs- und Sendegeräte. Das Besondere an diesen Geräten war, vor allem Ende der Fünfzigerjahre, sie hatten sogenannte Schnellgeber, die als Automaten in der Lage waren in wenigen Sekunden einen Funkspruch an die Zentrale zu übermitteln.

Die mit solchen Geräten ausgerüsteten Spione hatten die Aufgabe, entsprechend den Weisungen der Zentralen im Spannungs- oder im Kriegsfall auf dem Funkweg Informationen zu übermitteln. Eines der unzähligen Beispiele dafür, dass solche Funkagenten oder Funkstützpunkte für die Vorbereitung kriegerischer Auseinandersetzungen eine enorme Bedeutung hatten, war der sogenannte Funkmeldekopf Nord-Ost, angesiedelt im heutigen Mecklenburg-Vorpommern.

Dieser Funkmeldekopf - eine Bezeichnung, die der auftraggebende Geheimdienst wählte - bestand aus einem Leiter, der die Tätigkeit zu organisieren hatte, einem ausgebildeten Agentenfunker, einem Kurier mit eigenem Pkw und einem weiteren vielseitig einsetzbaren Agenten. Die Aufgabe dieser Gruppe bestand darin, im Raum des nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend vor allem militärische und militärstrategische Informationen zu sammeln und per Funk der Zentrale über eine Station in Kopenhagen zu übermitteln.

Die Übermittlung der Funksprüche hatte aus Gründen der Geheimhaltung abwechselnd von zwei oder drei festen Funkstützpunkten bzw. von einem mobilen Funkstützpunkt in einem Pkw zu erfolgen. Letzteres war vor allem im Falle militärischer Operationen vorgesehen Darüber gab es umfangreiche Beweismaterialien und auch Filmaufnahmen.

Dieser Funkmeldekopf war bereits aktiv tätig, sollte jedoch erst im Zusammenhang mit militärischen Operationen zur vollen Entfaltung kommen. Das war auch der Grund dafür, dass als Mitglieder solche Personen ausgewählt wurden, die auf Grund ihres Alters und gesundheitlicher Probleme im Spannungs- oder Kriegsfall vom Wehrdienst ausgenommen worden wären.

Die Fünfte Kolonne

Im Falle eines "kleinen Krieges" rechneten deren Planer natürlich mit den Erfolgen ihrer Subversion und vor allem mit Ergebnissen ihrer destabilisierenden Tätigkeit im Innern der DDR, die bis zur Niederwerfung des sozialistischen deutschen Staates, auch mit subversiven und paramilitärischen Aktivitäten, als Ergänzung oder als Vorstufe zu militärischen Operationen erreicht werden sollte.

Die imperialistischen Geheimdienste, vor allem die CIA der USA, schufen oder installierten durch ihre dafür ausgewählten Agenten, ein die DDR überdeckendes Netz von Luftlande- und Abwurfplätzen. Jeder kann sich vorstellen, dass solche Dinge nicht für eine normale oder auch geheimdienstliche Beschaffung von Informationen eingerichtet und vorgesehen worden waren. Es gehört keine Phantasie dazu, diese Plätze als Landepunkte für bewaffnete Banden, paramilitärische Gruppen und für deren Versorgung richtig einzustufen. Das waren jene Flecken auf dem Territorium der DDR, auf denen solche Banden als Teile einer "5. Kolonne" zur Unterstützung der offiziellen militärischen Verbände Fuß fassen sollten.

Vom amerikanischen Geheimdienst wurde auch noch ein anderer Weg des gewaltsamen Eindringens in die DDR konzipiert. Dieser Geheimdienst unterhielt in einem etwa 25-30 km von München-Grünwald entfernten Waldgelände eine Schule. An dieser Schule wurden Agenten ausgebildet und zur Überwindung der Staatsgrenze der DDR in Gruppen bis zu 10 Mann trainiert. Es gab dort eine ca. 150-200 Meter lange Imitation der Situation an der Staatsgrenze mit Hindernissen, Drahtverhauen, Postentürmen, elektrisch geladenen Zäunen. Auch die Überwindung von Stolperdrähten und Feldern mit Übungsminen wurde geprobt ebenso wie der Kampf gegen Wachhunde. Ganze Gruppen solcher wie Ranger ausgebildeter Agenten wurden so auf ihren Einsatz in der DDR vorbereitet.

Über geheimdienstliche Operationen gegen die DDR zu sprechen, ohne Westberlin als "Brückenkopf" und "Eldorado" für Agenten zu charakterisieren, hieße ein höchst unvollständiges Bild zu zeichnen. Westberlin war vielfach der Ausgangspunkt und der Dreh- und Angelpunkt geheimdienstlicher Operationen. Kontaktanbahnungen, Werbungen, Ausbildung und Instruktion der Agenten, Ausrüstung mit vielfältigen nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln - das alles spielte sich in Dienststellen und Treffwohnungen Westberlins ab. Von Westberlin aus wurden durch Kuriere der Geheimdienste Funkgeräte, Waffen, Geheimschriftmittel, schriftliche Instruktionen, Erkennungstafeln und detaillierte schriftliche Aufträge zur Informationsbeschaffung und Geld als Agentenlohn eingeschleust und über "tote Briefkästen" oder persönlich den in der DDR tätigen Agenten zugeleitet.

Neben der Absicht, Agenten über Luftlandeplätze in die DDR eindringen zu lassen, wurden vor allem durch den amerikanischen Geheimdienst von Westberlin aus Agenten durch die DDR in die VR Polen und in die CSSR eingeschleust. Eine große Anzahl dieser Agenten wurden bereits durch das MfS auf dem Gebiet der DDR festgenommen. In der Regel waren das Emigranten aus den östlichen Ländern, die in der BRD vom Geheimdienst rekrutiert worden waren. Ihre Ausbildung erfolgte im Ausbildungs-Camp des amerikanischen Geheimdienstes in Oberursel/Taunus.

Sie waren auf ihren Wegen in die Einsatzländer mit gefälschten Personaldokumenten, ausländischer und einheimischer Währung, mit Waffen, mit Kleinfunkgeräten und auch mit Giften ausgerüstet.

Allein die hier angeführten wenigen Beispiele belegen deutlich, dass es darum ging, möglichst nahe an die Schwelle des heißen Krieges heranzukommen und gesteigerte Vorbereitungen zu treffen, das Konzept des "kleinen Krieges" systematisch zu verwirklichen.

Mit aller Entschiedenheit muss das jetzt auch von wenigen "Sachkennern" wiederholte Gerede zurückgewiesen werden, die DDR müsse sich bedroht "gefühlt" haben. Nein, sie war im höchsten Maße bedroht!

Die Ernstfallfunker, Funkmeldeköpfe, Luftlande- und Abwurfplätze waren keine Übungselemente und Sandkastenspiele, sondern noch kein blutiger, aber bitterer Ernst des Existenzkampfes der DDR. Es waren ernste Signale für geplante, bevorstehende Aggressionshandlungen zur Liquidierung der DDR.

Autorenkollektiv:
Manfred Dietze, Gerhard Neiber, Gerhard Niebling

Aus: Unsere Zeit - Zeitung der DKP, Nr. 32 v. 10.08.2001


Der gesamte Text mit den Beiträgen "Die Krise um Berlin bis zur letzten Konsequenz zuspitzen!", "Sabotage, Spionage, Diversion und Terror", "Menschenhandel und Kopfgeldjäger", "Der 13. August 1961" und "Notwendige Nachbetrachtung" ist erschienen in: UZ-Spezial "Der 13. August 1961", CommPress Verlag GmbH, Essen, 4,- DM plus Porto.


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