Zur Strategie des deutschen Imperialismus der Vorbereitung eines begrenzten Krieges gegen die DDR
Der Frieden war auf das Äußerste gefährdet

Die vermeintlichen Sieger der Geschichte bereiten sich auf den 40. Jahrestag des Mauerbaus vor. Ein Datum, das sie nutzen wollen, um den gewesenen Sozialismus weiter zu delegitimieren. Die Führung der PDS – der Partei des Demokratischen Sozialismus – ist für den Preis des "Mitmachendürfens" dabei. Die UZ stellt den Verdrehungen historische Wahrheiten gegenüber. In dieser Ausgabe wird die Situation vor der militärischen Sicherung der Staatsgrenze der DDR beschrieben. Der Frieden war real bedroht, die Westmächte wollten die DDR mit einem "Kleinen Krieg" überrollen.

In einem UZ-Spezial, das zum 13. August erscheint, werden ehemalige leitende Mitarbeiter des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR über ihre Erfahrungen aus den damaligen Auseinandersetzungen berichten. Sie bewegen sich in ihrer Argumentation weniger in hohen politischen und diplomatischen Gefilden, sondern mehr in der unmittelbaren rauen Wirklichkeit des damaligen Klassenkampfes, des Existenzkampfes der sozialistischen DDR.

Im UZ-Spezial, dessen ersten Artikel wir hier veröffentlichen, schreiben: Manfred Dietze, Generalleutnant a. D., ehemaliger Leiter der Hauptabteilung I (Militärabwehr) im MfS der DDR, zuständig für die Sicherung der Nationalen Volksarmee und die Grenztruppen der DDR; Gerhard Neiber, Generalleutnant a. D., ehemaliger Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit der DDR und war u. a. verantwortlich für die Sicherung der bewaffneten Kräfte der DDR; Gerhard Niebling, Generalmajor a. D., ehemaliger Leiter einer zentralen Diensteinheit des MfS, verantwortlich u. a. für die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels.

Wir gehören zu denen, die sich erinnern und die Möglichkeit hatten, Fakten und Beweise zu erarbeiten, zu analysieren und zu werten. Wir beschreiben in diesem Artikel die Strategie des deutschen Imperialismus zur Vorbereitung eines begrenzten Krieges gegen die DDR, weil zur damaligen Zeit der Frieden auf das äußerste gefährdet war.

In der "Erklärung der Beratung von Vertretern der Kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau vom November 1960 wurde u. a. festgestellt: "Das brennendste Problem unserer Zeit ist das Problem von Krieg und Frieden".... "Der Imperialismus hat bereits zwei verheerende Weltkriege über die Menschheit heraufbeschworen und droht nun, sie in eine noch grauenhaftere Katastrophe zu stürzen."

Die imperialistischen Siegermächte gingen mit dem im 2. Weltkrieg besiegten westdeutschen Imperialismus ein verhängnisvolles Komplott ein.

Konrad Adenauer: Befreiung ist die Parole

Entgegen der gewachsenen ökonomischen Stärke hatte der deutsche Imperialismus nur begrenzten politischen Einfluss. Sein Machtbereich wurde empfindlich eingeengt vor allem durch die Existenz der DDR. Die Aggressivität wurde wesentlich dadurch forciert, dass das ökonomische Wachstum an die engen Grenzen des ökonomischen und politischen Einflusses der BRD stieß. Durch die DDR und die mit ihr verbündete sozialistische Staatengemeinschaft war vor allem infolge einer Reihe sehr gravierender Ereignisse höchste politische und militärische Wachsamkeit erforderlich. Die Aggressivität der BRD gegen die DDR wurde bereits in den ersten Jahren der Entwicklung der BRD sichtbar.

So erklärte der damalige Bundeskanzler der CDU, Konrad Adenauer, im "Rheinischen Merkur" vom 20. Juli 1952: "Was östlich von Werra und Elbe liegt sind Deutschlands unerlöste Provinzen. Daher heißt die Aufgabe nicht Wiedervereinigung sondern Befreiung. Das Wort Wiedervereinigung soll endlich verschwinden. Es hat schon zu viel Unheil gebracht. Befreiung sei die Parole." Der in diesen Parolen zum Ausdruck kommende Revanchismus steigerte sich mit zunehmender ökonomischer Stärke immer deutlicher.

Die Initiativen der Sowjetunion und der DDR zum Abschluss eines Friedensvertrages und für das Zusammenführen beider deutscher Staaten wurden durch BRD-Verantwortliche mit erhöhter Aggressivität beantwortet. Militärstrategen der Bundesrepublik, unter ihnen ranghohe Nazigrößen, hatten eine Theorie des begrenzten Krieges, eines sogenannten Kleinen Krieges gegen die DDR entwickelt.

Die DDR mit "kleinem Krieg" zerquetschen

Auf dem 14. Plenum des ZK der SED im November 1961 formulierte der Minister für Staatssicherheit der DDR Erich Mielke in seinem Diskussionsbeitrag ausgehend und resümierend von den Aufklärungsergebnissen der Sicherheitsorgane: "Die Feinde glaubten, den ersten Arbeiter-und-Bauern-Staat Deutschlands durch einen sogenannten kleinen Krieg aufrollen zu können und ließen nichts unversucht, um durch die Organisierung einer systematischen Untergrundtätigkeit die Voraussetzungen für einen Überfall zu schaffen." Kern dieser Theorie war die illusionäre Vorstellung, die DDR könne militärisch überrollt werden, ohne die Sowjetunion und die USA in einen "großen Krieg" hineinzuziehen.

Der Strauß-Intimus und Experte für strategische Fragen, Alfons Dalma, erläuterte das ("Wehrkunde", München, 1961, Heft 8, S. 392 ff.) wie folgt: "Der militärische und der politische Hebel sollten so aufeinander abgestimmt werden, dass in der entstehenden Zange die DDR sozusagen zerquetscht werden könnte." Die Staaten des Warschauer Paktes sollten "abgeschreckt" werden durch die NATO und durch ein der Bundeswehr von den Westmächten bereitgestelltes "nukleares Vergeltungspotenzial", so dass die DDR ohne militärischen Beistand wäre. Die Großmächte seien nicht bereit, das Risiko eines weltweiten Atomkrieges im Interesse der weiteren Existenz der DDR auf sich zu nehmen.

Den Konzepten der militärischen Planer zu Folge war die Voraussetzung für einen solchen kleinen Krieg die Organisierung und Forcierung einer systematischen Untergrundtätigkeit.

Beachtenswert war auch eine Erklärung des Bundesvorstandes der CDU vom 11. Juli 1961, der seine Politik darin sah "... ein wiedervereinigtes Deutschland zu schaffen, das in die Europäische Gemeinschaft integriert ist..." und "... die Europäische Gemeinschaft ihrerseits der Nordatlantischen Gemeinschaft bedarf, an deren weiterem Ausbau wir mitzuwirken entschlossen sind."

Strauß: Der 2. Weltkrieg ist noch nicht zu Ende

Unter diesem Aspekt ist es folgerichtig, dass der damalige Verteidigungsminister der BRD, F. J. Strauß, in den USA vor Außen- und Militärpolitikern verkündete, die BRD sei entschlossen "... die Krise (um Berlin) bis zur letzten Konsequenz zuzuspitzen" und den gesamten Westen einzubeziehen.

Er wurde noch deutlicher indem er sagte: "Der 2. Weltkrieg ist noch nicht zu Ende und man müsse sich für eine Berlin-Krise im kommenden Herbst wappnen, der Westen müsse auf eine Art Bürgerkrieg vorbereitet sein." Und laut "Spiegel" verkündete er nach seiner Rückkehr aus den USA selbstherrlich: "Unsere Planung (in der Berlin-Krise): im Anfang diplomatisch-politische Schritte, in der Mitte ökonomisch-technische und am Ende militärische." (Spiegel, 13. 9. 1961)

Die Kriegsgefahr wurde immer offensichtlicher. So schrieb zum Beispiel die "Bonner Rundschau" vom 9. Juli 1961, dass man imstande sein müsse "... alle Mittel des Krieges, des Nervenkrieges und des Schießkrieges anzuwenden. Dazu gehören nicht nur herkömmliche Streitkräfte und Rüstungen sondern auch die Unterwühlung, das Anheizen des inneren Widerstandes, die Arbeit im Untergrund, die Zersetzung der Ordnung, die Sabotage, die Störung von Verkehr und Wirtschaft, der Ungehorsam, der Aufruhr". Das war keine bloße Rhetorik, denn die Bundeswehr – so stellten nicht nur Journalisten sondern auch die DDR-Aufklärungs- und Sicherheitsorgane fest, machte mobil.

Sie hatte eine Stärke von 291 000 Mann erreicht. Der in den Dienst der Bundeswehr gestellte ehemalige Nazigeneral und General der Bundeswehr Adolf Heusinger teilte laut "Neue Zürcher Zeitung" vom 30. Juni 1961 mit, dass sieben deutsche Divisionen bereit seien, "... unverzüglich jede Mission zu erfüllen".

Ein Sprecher des Bundeswehr-Generalstabes erklärte dem "Münchner Merkur" vom 24./25. Juni 1961 bereits, man müsse eine gesellschaftliche Explosion in der DDR herbeiführen, wozu es "... entsprechender politischer, ökonomischer, propagandistischer und nicht zuletzt auch organisatorischer und subversiver Vorbereitungen des Westens bedürfe."

Die Bundeswehr begann im Sommer 1961 mit der Einberufung von Reservisten, ein sicheres Indiz für die Vorbereitung ernsthafter militärischer Maßnahmen Auch auf Befehl des US-Präsidenten Kennedy vom 25. Juli 1961 wurden 271 000 Reservisten für die Verstärkung der US-Streitkräfte einberufen.

Aufmarsch an den DDR-Grenzen

Für die NATO-Verbände in Europa wurde Alarmbereitschaft befohlen. Die Seekriegsflotte der Bundesrepublik mit etwa 100 Kriegsschiffen, begann mit den Manövern unter der Bezeichnung "Wallenstein IV" vor der Küste der DDR.

In Westeuropa begannen zugleich großangelegte NATO-Manöver unter Einbeziehung des gesamten Territoriums der BRD. Es folgten militärische Inspektionen der Bundeswehr und der NATO in den bekannt gewordenen Aufmarschräumen in unmittelbarer Nähe zur Staatsgrenze der DDR. Die Bundeswehrführung forderte Nuklearwaffen und deren Stationierung in der Nähe der DDR-Grenzen.

Kommandeure verschiedener Ebenen erinnern sich, dass die militärische Planung der BRD-Generalität drei Stoßkeile der Bundeswehr vorgesehen hatte, die unter atomarer Drohung durch Bundeswehr und NATO – in nazistischer Blitzkriegsmanier – innerhalb von 24 Stunden die wesentlichsten militärischen Operationen gegen die DDR erledigt haben sollten.

Aus dem Raum Hamburg sollte in Richtung Rostock vorgerückt werden, um den Norden der DDR zu okkupieren. Der Raum Hannover diente als Aufmarschbasis und Ausgangspunkt eines Stoßkeils in Richtung Frankfurt/Oder bei Umgehung Berlins. Aus dem Raum Bayern sollte in die DDR eingedrungen werden bis zur Grenze zur CSSR und in der Lausitz bis zur Grenze zur VR Polen.

Die "Notstandsplanung", so wurden Teile der Strategie benannt, sah vor, sich auf militärische Aktionen im Herbst 1961 zu konzentrieren, bei denen die Grenze zur DDR gewaltsam geöffnet werden sollte. Dieses Spiel mit dem Feuer wurde begleitet durch die im Frühsommer 1961 einsetzende Schürung einer Kriegs- und Revanchehysterie, in deren Mittelpunkt die Landsmannschaften mit außerordentlich spektakulären Veranstaltungen gerückt wurden. So gab es ein "Deutschlandtreffen der Schlesier" unter Teilnahme von Konrad Adenauer in Hannover, ein "Bundestreffen der Deutschen aus dem Donauraum" in Karlsruhe, einen "Sudetendeutschen Tag" in Köln und einen "Brandenburger Tag" in Westberlin.

Die Stimmung wurde gebraucht, um die Menschen an neue politische und militärische Abenteuer heranzuführen, sie reif zu machen für die Okkupation jener "unerlösten Provinzen" wie das K. Adenauer formuliert hatte.

Auch Obere der Kirche in der BRD, wie Bischof Hanns Lilje, stimmte in die Kriegshysterie ein, als er in der "Rheinischen Post" vom 29. Juli 1961 für die Vorbereitung eines Bürgerkrieges plädierte, für den Bonn den Zeitpunkt bestimmen müsse. Es sei unzweckmäßig "... vorzeitig zur Waffe zu greifen" und Christen in der DDR hätten ein Widerstandsrecht.

Graue Pläne orientierten auf den Tag X

Der deutsche Imperialismus hatte bekanntlich Erfahrungen darin, wie man ein okkupiertes Land "befriedet" und wie das gesamte Leben den Interessen des Kapitals unterzuordnen wäre. Die wichtigste Institution für diese Aufgabe war der dem Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen nachgeordnete "Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung". Der gab in regelmäßigen Abständen Berichte über die Ergebnisse seiner "Forschungen" heraus, die auch "Graue Pläne" genannt wurden. Diese Dokumente orientierten auf den verschiedensten Gebieten auf den sogenannten Tag X, den Tag des Anschlusses der DDR an die BRD.

Im 3. Bericht dieses Gremiums vom 6. Juli 1961 wird der Bundesregierung empfohlen, eine spezielle Behörde für die Beseitigung des sozialistischen Eigentums und die Wiederherstellung der Macht der Monopole über die Industrie der DDR zu schaffen. Die Bundesregierung billigte – laut Pressebulletin – diesen Plan.

Wie die jüngste Geschichte beweist, wurde diese Behörde nicht im Sommer 1961, sondern erst im Frühjahr 1990 als Treuhand tätig. Natürlich mit der damals konzipierten Aufgabe, deren Folgen bis heute bitter spürbar sind.

Die Partei- und Staatsführung der DDR und der anderen sozialistischen Staaten hätten die Lehren des Marxismus-Leninismus gröblichst missachtet, wenn sie diesen Erscheinungen der Politik des Imperialismus, vor allem zur Vorbereitung eines begrenzten Krieges gegen die DDR, nicht oder nur ungenügend Rechnung getragen hätten. Sie taten das mit gebührender Aufmerksamkeit.

Dabei übersahen sie nicht, dass Westberlin ein unter amerikanischer, britischer und französischer Hoheit stehendes Sondergebiet war, das immer deutlicher als Stützpunkt des Kalten Krieges gegen die DDR und die anderen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft ausgebaut wurde.

"Wir sind der Pfahl im Fleisch der Sowjetzone"

In diesem Zusammenhang soll daran erinnert werden, dass der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin (West) Ernst Reuter (SPD), bereits 1951 – fast zeitgleich mit Adenauers Befreiungsparole – die Rolle Westberlins so charakterisierte: "Wir sind Pfahl im Fleisch der Sowjetzone ... Westberlin ist eine Klinke, mit der die Tür nach dem Osten aufgeschlossen werden kann". Später sprach Reuter bekanntlich von der "billigsten Atombombe", und der "Tagesspiegel" vom 3. Februar 1952 schrieb: "Wir haben so oft von der ´Bastion´, der Festung, der ´Frontstadt Berlin´ sprechen hören, dass wir ganz vergessen haben, dass wir es wirklich sind. Die echte Sonderstellung Berlins (er meinte Westberlin) ist eben die der Frontstadt im Kalten Krieg und das, was wir daraus machen hängt davon ab, wie wir uns als Kämpfer in diesem Kalten Krieg benehmen."

Die Vorgaben dazu formulierte Ernst Reuter in seiner Biographie 1957 so: "Wir wirken wie Dynamit auf die Ostzone, und wir werden den Druck auf die Ostzone in einem Ausmaß verstärken, das wenige sich heute vorstellen können."

Die Stadt Westberlin trug diese zweifelhafte Ehre bis 1990. Immerhin siedelten sich dort mehr als 80 Geheimdienststellen und Agentenzentralen an, deren Aufgabe darin bestand, arbeitsteilig, den Kalten Krieg gegen den Osten zu führen. Präsent waren der Bundesnachrichtendienst, der Verfassungsschutz, die Geheimdienste der westlichen Alliierten, diverse kriminelle Vereinigungen wie die bis 1959 existierende Terrororganisation "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit", der "Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen", der "Verein Opfer des Stalinismus", die "Ostbüros" der SPD und der CDU, die – wie ehemalige Insider inzwischen öffentlich bekundeten – lupenreine Geheimdienst- und Agentenzentralen waren.

Sie mutierten von politischen Büros zu Zentren, die mit geheimdienstlichen Mitteln werkelten, Agenten anwarben, Decknamen vergaben, Spionageaufträge gegen die DDR vergaben und eifrig Erkenntnisse sammelten, die sie – so wie das ein sattsam bekannter Leiter einer solchen Einrichtung im Fernsehen verkündete – den amerikanischen und deutschen Diensten übermittelten.

Zwischen der DDR und Westberlin bestand – ebenso wie zwischen der DDR und der BRD – eine offene Grenze. Es gab lockere und sporadische Grenzkontrollen. Die Geheimdienste und Agentenzentralen hatten es leicht, Personen aus der DDR oder aus anderen sozialistischen Staaten zu kontaktieren oder ausgebildete Agenten in die DDR einzuschleusen, und sie von Westberlin aus mit nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln, Waffen und anderen für die Subversion eingesetzten Mitteln auszurüsten und zu versorgen.

Experten bezeichneten Westberlin als Tor zur Spionage. Von dort aus wurden Aufträge für Sabotage- und Diversionsakte erteilt, die dazu vorbereiteten Täter eingeschleust. Die Massenmedien, insbesondere der Hörfunk wirkten nahezu pausenlos auf die Menschen in der DDR ein, fütterten sie mit falschen Informationen, Halbwahrheiten und versuchten dadurch den Boden für die Aggression zu bereiten.

Frontstadt-Sumpf und Schwindelkurse

Eine zentrale Rolle spielte dabei der RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor), der nicht nur Medium, sondern auch eine intensiv sammelnde Nachrichtenzentrale war.

Westberlin war zugleich auch jenes große Loch, aus dem ein großes Potenzial an Fachkräften der DDR abwanderte. Auch dieses Phänomen wurde im Rahmen der Aggressionsvorbereitung instrumentalisiert bzw. ausdrücklich, zielgerichtet organisiert.

Über dunkle Kanäle kam Schund- und Kriegsliteratur, schwappte der "Frontstadt-Sumpf" mit Unmoral und Revanchepropaganda in die DDR. Es wuchsen Wechselstuben "Grenzläden", "Grenz-Kinos" und "Grenz-Kneipen" entlang der militärisch noch nicht gesicherten Grenze. Die Währung der DDR floss in unvorstellbarer Höhe in die "Frontstadt" ab.

Allein durch den am 13. Oktober 1957 überraschenden Geldumtausch – den die Finanzorgane gemeinsam mit dem MfS der DDR bewältigt hatten – wurden mehr als 600 Millionen Mark der DDR in Westberlin zu Makulatur. Das trieb den Schwindelkurs – wie er völlig zu Recht bezeichnet wurde – in schwindelerregende Höhen. An einem Tag kletterte zwischen 10 Uhr und 22 Uhr der Wechselkurs der DM von 1 : 8, über 1 : 15 bis 1 : 100 zur Mark der DDR.

Infolge ihrer imperialistischen Politik der Kriegsvorbereitung und des Antikommunismus entwickelte der bundesdeutsche Staat seit Jahren auch seine Aggression nach Innen.

Ein Heer von Spitzeln und ein immenser Aufwand an technischen Mitteln wurde eingesetzt, um die KPD zu verbieten. Mit dem Verbotsurteil vom 17. August 1956 war eine neue Etappe der Unterdrückung kommunistischer, antifaschistischer und anderer progressiver Kräfte verbunden. Das System der Unterdrückung, die Behinderung der Tätigkeit demokratischer Organisationen, Versammlungsverbote, Beschränkungen des Wahlrechts, Verhaftungen, Bespitzelungen und Denunziationen wurde ständig perfektioniert und verstärkt.

Es zielte darauf ab, möglichst jede demokratische Aktivität der Bevölkerung zu unterbinden und damit zugleich den Kampf um den Frieden, zur Verhinderung einer Aggression gegen die DDR zu unterbinden. Trotz dieser massiven Repressionen führten die Kommunisten der Bundesrepublik und viele fortschrittliche Kräfte einen bewundernswerten Kampf gegen die militärische, auf Aggression bedachten reaktionären Kräfte. Vorbereitung des "begrenzten Krieges" gegen die DDR, das militärische Überrollen, inklusive der subversiven Vorbereitung dessen und die Unterdrückung des eigenen Volkes sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Aus: Unsere Zeit - Zeitung der DKP, Nr. 29 v. 20.07.2001


Der gesamte Text mit den Beiträgen "Die Krise um Berlin bis zur letzten Konsequenz zuspitzen!", "Sabotage, Spionage, Diversion und Terror", "Menschenhandel und Kopfgeldjäger", "Der 13. August 1961" und "Notwendige Nachbetrachtung" ist erschienen in: UZ-Spezial "Der 13. August 1961", CommPress Verlag GmbH, Essen, 4,- DM plus Porto.


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