Erklärung des Parteivorstandes der DKP:
Kein Grund für Entschuldigungen

Wir erinnern an den 40. Jahrestag der Sicherung der Staatsgrenze der DDR. In der Nacht zum 13. August 1961 schloss die DDR die bis dahin offene Grenze nach Westberlin und begann mit der Errichtung der "Berliner Mauer" und der Befestigungen an der Grenze zur BRD.

Die Entscheidung zur Errichtung der Grenzbefestigungen war keine spontane, leichtfertige Entscheidung der DDR und ihrer Verbündeten, sondern hatte schwerwiegende ökonomische, politische und militärische Gründe:

Ende der 50er Jahre häuften sich aufgrund äußerer Umstände (Reparationen, Wirtschaftspolitik der BRD und der Westmächte, Sabotage) und innerer Entwicklungen die Schwierigkeiten in der Produktion und Versorgung der DDR-Bevölkerung. Es kam zu einem Rückgang des Wachstums der Industrieproduktion und zu Produktionsausfällen in der Landwirtschaft. Der gestiegenen Kaufkraft stand eine viel zu geringe Warenmenge gegenüber. Die offene Grenze zu Westberlin verschärfte die Situation. Mehr als 100 000 Grenzgänger aus Ostberlin und der Berliner Umgebung arbeiteten im Westteil der Stadt, zogen Nutzen aus den niedrigen Mieten, Verkehrstarifen und Preisen für Konsumgüter in der DDR. Die Spekulationen mit der Mark der DDR ermöglichte es vielen Westberlinern, im Osten billig einzukaufen bzw. Dienstleistungen zu nutzen.

Die Regierung der BRD nutzte die ökonomischen Schwierigkeiten, um auf die DDR Druck auszuüben. Unter einem Vorwand wurde am 30.September 1960 das 1951 vereinbarte Handelsabkommen gekündigt. Auch wenn Ende 1960 die Kündigung zurückgenommen wurde - die Unsicherheit für die DDR blieb.

Die ökonomischen Schwierigkeiten der DDR aufgrund äußerer und innerer Umstände sowie ideologischer Druck - vor allem über bundesdeutsche und US-amerikanische Medien - führten dazu, dass das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger schwand. Zwischen Anfang 1960 und August 1961 verließen über 350.000 Menschen das Land. Darunter waren viele Fachkräfte und Spezialisten, von denen nicht wenige durch westdeutsche Institutionen abgeworben wurden. Die bundesdeutschen Medien und führende Politiker der BRD waren bestrebt, die Stimmung weiter anzuheizen.

Zur gleichen Zeit nahmen die verdeckten und offenen Aktivitäten gegen die DDR durch von Westberlin und der BRD aus operierenden Organisationen und Geheimdiensten zu. Die Regierung Adenauer versäumte keine Gelegenheit, um die Hallsteindoktrin, ihren Alleinvertretungsanspruch, durchzusetzen. Sie lehnte normale Beziehungen zur DDR und einen Kompromiss zu Westberlin ab. Es ging darum, die DDR zu destabilisieren. Offen sprachen Politiker schon vom Angriff auf die DDR, träumten davon, "mit klingendem Spiel" durch das Brandenburger Tor zu marschieren. Der "Tag X", die "Befreiung" der "Sowjetzone" wurde als nahe bevorstehend verkündet. Alle Bestrebungen der Regierung und der Volkskammer der DDR, die Situation zu entspannen wurden zurückgewiesen, Initiativen blieben ohne Echo.

Im Frühjahr 1961 landeten von den USA ausgebildete und finanzierte Söldner in Kuba, um die junge kubanische Revolution militärisch zu zerschlagen. Den Verteidigern der kubanischen Revolution war es innerhalb von 72 Stunden gelungen, die Invasion zu beenden, doch die Invasion in der Schweinebucht musste für die sozialistischen Länder eine deutliche Warnung sein. Die Gefahr eines Krieges zwischen den USA und der UdSSR wuchs. Verhandlungen über einen Friedensvertrag und eine politische Lösung der Westberlin-Frage führten jedoch zu keinem Ergebnis.

Der 13. August 1961, die Abriegelung der Grenze zu Westberlin und zur Bundesrepublik, ist nur in diesem umfassenden Kontext verständlich. Jene, die diese Grenze sicherten, schützten damit auch den Frieden. Nicht nur in Europa.

Eine Lösung im Sinne des Status quo wurde erzielt, mit welcher auch die USA und die anderen Westmächte leben konnten. US-Präsident Kennedy sprach damals davon, man habe eine Krise ausgestanden.

Die Schließung der Grenze schuf für die DDR die Möglichkeit, sich ökonomisch zu stabilisieren. Es gab nicht wenig Zustimmung in der Bevölkerung und viele Initiativen zur schnelleren ökonomischen Entwicklung. Andererseits entstand jedoch über Jahrzehnte auch eine harte Belastung für zahlreiche Familien, die durch die Schließung der Grenzen voneinander getrennt wurden und sich von nun an nicht mehr ohne Formalitäten treffen konnten.

Sie war aber vor allem ein harter Schlag gegen die antikommunistische Aggression gegen die DDR, gegen Schmuggler und gegen die Abwerbung von in der DDR ausgebildeten Fachkräften durch BRD-Konzerne.

Sie war ein harter Schlag für diejenigen, die durch ihren Hass auf die DDR und das gesamte sozialistische Lager diesen Schritt provoziert hatten.

Es gab bekanntlich niemals "normale" staatliche Beziehungen zwischen BRD und DDR in den vierzig Jahren der Existenz der Deutschen Demokratischen Republik. Trotz UNO-Mitgliedschaft beider Staaten, trotz Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Immer bestand der Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik, verbunden mit der Nichtanerkennung der Staatsbürgerschaft der DDR, wurden Fachkräfte - darunter viele Ärzte - abgeworben, blieb die Embargopolitik (Cocom-Liste) gegen die DDR und die anderen sozialistischen Länder. Trotz Helsinki-Prozess war die Grenze zwischen der DDR und der BRD bzw. zu Westberlin bis 1989 Scheidelinie zwischen zwei gegensätzlichen gesellschaftlichen Systemen und hochgerüsteten Militärpakten. Daraus ergaben sich auch die militärischen Regelungen an dieser Grenze.

Die offizielle Bezeichnung der Staatsgrenze der DDR nach Westberlin, "Antifaschistischer Schutzwall", war jahrzehntelang ob ihres pathetisch klingenden Anspruchs das Ziel ironischer und wütender Bemerkungen und Angriffe. Heute, etwas mehr als ein Jahrzehnt nach der Öffnung der Grenze und nach dem Anschluss der DDR an die BRD, müssen wir feststellen: Der "Antifaschistische Schutzwall" trug seine Bezeichnung zu Recht. Sein Verschwinden machte nicht nur den Frieden in Europa unsicherer:

Das größer gewordene Deutschland führt wieder Krieg gegen andere Länder. Deutsche Soldaten stehen als Besatzungstruppen auf jugoslawischem Territorium.

Menschen, die von ihrem Aussehen oder ihrem Verhalten her nicht in das Raster des "guten Deutschen" passen, werden Opfer rassistischer und neofaschistischer Hetze und Überfälle. Mehr als 100 Menschen mussten seit 1990 den um sich greifenden Nazi-Terror mit ihrem Leben bezahlen. Zugleich verfolgt die herrschende Politik eine Strategie der Ausgrenzung und Unterdrückung, die nur als staatlicher Rassismus bezeichnet werden kann.

Gegen die Menschen, die in der DDR Verantwortung trugen oder sich zu ihrer Verteidigung engagierten, wird mit Gefängnis, Gerichtsverfahren und dem Rentenstrafrecht vorgegangen.

Gegen linke, antiimperialistische und revolutionäre Organisationen, Bewegungen und Aktionen geht der deutsche Staat immer härter vor, während sich Nazis mittlerweile an jedem Wochenende unter Polizeischutz zusammenrotten oder in zahlreichen Gegenden dieses Landes von staatlicher Seite ungehindert ein solches Maß an Terror ausüben können, dass sie von "national befreiten Zonen" sprechen.

Der Kapitalismus/Imperialismus ist nicht friedensfähig. Der Kapitalismus/Imperialismus trägt die Möglichkeit faschistischen und rassistischen Terrors und polizeistaatlicher Unterdrückung in sich. Doch er kann zu zivilen Verhaltensformen gezwungen werden, wenn im Klassenkampf die Kräfte des Fortschritts, die sozialistischen Kräfte, genügend Stärke aufbringen können, um den Gegner in seine Schranken zu weisen. Dazu diente auch die Errichtung des "Antifaschistischen Schutzwalls" vor 40 Jahren.

Dafür brauchen wir uns nicht zu entschuldigen.

Entschuldigen müssten wir uns höchstens dafür, dass es uns nicht gelungen ist, die DDR gegen die Angriffe des Imperialismus dauerhaft zu verteidigen und den Sozialismus - aus den eigenen Fehlern lernend - beständig zu sichern.

Daraus ziehen wir unsere Verpflichtung, auch in Zukunft aktiv gegen Imperialismus, Faschismus und Krieg, für den Sozialismus zu kämpfen!


Aus der UZ vom 13.07.2001


www.dkp.de


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